Andacht Gemeindebrief

April 2024 – Mai 2024

Liebe Gemeindeglieder, liebe Leserinnen und Leser,

Zu Ostern feiern wir die Auferstehung Jesu!
Auf dem Titelbild sehen wir Jesus, der zu Thomas sagt: „Reiche deinen Finger her und sieh meine Hände und reiche deine Hand her und lege sie in meine Seite“ (Johannes 20,27).
Gern will ich eine Lanze für Thomas brechen, der oft als der ungläubige Thomas betitelt wird. Erstaunlicherweise kritisiert Jesus ihn nicht, sondern lädt Thomas ein, seine Wundmahle zu berühren.
Jesus zeigt seine Wunden, er versteckt sie nicht. Die Wundmahle sind Ausdruck des schrecklichen Leidens, dass Jesus freiwillig auf sich nahm, um uns zu erlösen.
Thomas musste eine schwere Enttäuschung verkraften. Als Jesus den Jüngern das erste Mal als Auferstandener begegnete, war Thomas abwesend. Wer schon etwas Entscheidendes im Leben verpasst hat, der kann nachempfinden, was Thomas wohl gefühlt haben muss: ausgeschlossen, scheinbar nicht für würdig erachtet, dabei zu sein. Trotzdem reagiert Thomas nicht beleidigt, er zieht sich nicht zurück. Er ist ein „Ich will es selbst erfahren“-Typ, das finde ich sehr sympathisch. Er lässt sich nicht abspeisen mit den Worten der anderen: „WIR haben den Herrn gesehen“. Thomas muss Jesus selbst sehen, ihn berühren und fühlen. Er will keine Geschichten anderer, sondern eine leibhaftige Begegnung mit dem Auferstandenen. Mit dieser Herzenshaltung ist Thomas ein Vorbild für alle Gott-Sucher, die leidenschaftlich danach trachten, Jesus zu erfahren, ganz persönlich. Jesus antwortet auf diese Sehnsucht damals wie heute: „Reiche deinen Finger her und sieh meine Hände und reiche deine Hand her und lege sie in meine Seite“.
Schon immer hatte die Begegnung zwischen Jesus und Thomas einen mystischen, tiefergehenden Aspekt. Jesus zeigt offen seine Verletzlichkeit in den Wundmahlen. Menschen dagegen wollen oft ihre Verwundungen verstecken. Verstecken müssen macht aber das Leben unfrei und wirkt auf Dauer zerstörerisch. Mit der Einladung an Thomas, spricht Jesus auch eine Einladung an uns aus: im Glauben dürfen wir mit unseren Wunden die Wundmahle Jesu berühren und auf Heilung hoffen. Der Prophet Jesaja kündigt diese Hoffnung an: „Durch seine Wunden sind wir geheilt“ (Jesaja 53,5).

Mit herzlichen Ostergrüßen auch im Namen aller Mitarbeiter

Pfarrer Thomas Piehler

 

 

Titelbild