Lutherdenkmal Borna
Die Gäste einladend, den Platz und die Kirchen zu betreten – zwischen beiden ein Tor. Davor ein schmaler Mann mit geöffneter Hand und geballter Faust. Ein Mann in Mönchskutte mit durch Oberlippen- und Backenbart auffallendem Gesicht, in Augenhöhe mit dem Besucher. Ein durch des Kaisers Acht gefährdeter Mann, gepeinigt von Selbstzweifeln und kritischen Fragen, Nöten und Ängsten.
Das soll Luther sein?
Er ist es in Gestalt des Junkers Jörg. Auch in dieser Phase des Lebens ist er nie seiner Überzeugung untreu geworden, hat nie den Mut verloren, sich öffentlich zu seinen Grundsätzen zu bekennen. Man muss dazu nur genauer hinsehen, die Hände betrachten, die Inschriften an Vorder- und Rückseite der Tür lesen, die Spiegelschrift entziffern, die mit unglaublicher Gewalt zusammengefalteten, verkrümmten Metallteile, aber auch aufrechten Träger in ihrer Symbolik erschließen, die weichen, fließenden Formen des Metalls erfühlen. Wie deutlich werden uns so die eigene Entschlossenheit und der vertrauende Glaube.
Nicht ohne weiteres lässt sich die unkenntliche zweite Skulptur in ihrer zentralen Aussage erschließen. Vom „In sich verkrümmten Menschen“ (homo incurvatus in se) hat Luther manchmal gesprochen. Es ist ein wichtiges Thema evangelischer Theologie geworden.
Kraftvoll und von Geburt an mit allen Gaben ausgestattet findet der Mensch nicht ohne weiteres zu seiner Entfaltung, wenn er sein Schicksal nur um sich selbst kreisen lässt. Am eigenen Leibe hatte der junge Luther gespürt, dass selbst religiöse Praktiken nicht helfen seine Verkrümmung zu lösen, wenn unser Denken und Handeln nicht dem Nächsten, sondern nur unserem eigenen Wohl gilt. Zwei Predigtausschnitte verdeutlichen diese Einsicht.
Die Erkenntnis, dass der Schlüssel dazu der Glaube, also das Vertrauen in Gottes Gnade ist, ging Luther selbst in einem Aha-Erlebnis beim Bibelstudium auf. Das Bibelwort ist noch heute jedermann zugänglich. Von der einen Seite noch in Spiegelschrift „verborgen“, ist es erst von der Seite des dem Nächsten Dienenden klar zu erkennen.
Der Künstler
Hilko Schomerus. Metallbildhauer aus Burgdorf-Hülptingsen, nahe Hannover bei der feierlichen Einweihung am 16. Oktober 2011 auf dem Lutherplatz in Borna.
Inmitten von Luther und dem Geleitsmann Michael von der Straßen (alias Schauspieler Hartmut Müller, dem Enthüller des Denkmals).
“Nie im Leben wird das ein Lutherdenkmal! Diese Worte formulierte ein guter Freund, als er mich bei einem Besuch in meiner Werkstatt an dem fast fertigen Luther Kopf arbeiten sah… .“
“Sollte dieses Denkmal einen Namen erhalten, plädiere ich für: Martin Luther, Mut und Demut“.
“Ich bin kein Befürworter der Kunst durch Provokation. Der Kunst also, die vor allen Dingen dem Künstler Befriedigung schafft. Mir geht es ums Innehalten, Beobachten, Weiterdenken… .“
(Schomerus, 16. Oktober 2011)